Psychopharmaka
Was sind Psychopharmaka?
Wie wirken Psychopharmaka?
Was sind Neuroleptika?
Was sind Depot-Neuroleptika?
Was sind atypische Neuroleptika?
Welche unerwünschten Nebenwirkungen haben
Neuroleptika?
Was sind extrapyramidal-motorische Nebenwirkungen?
Machen Neuroleptika abhängig?
Was sind Antidepressiva?
Welche unerwünschten Nebenwirkungen haben
Antidepressiva?
Machen Antidepressiva abhängig?
Was sind Tranquilizer?
Was sind Benzodiazepine?
Wie wirken Benzodiazepine?
Welche unerwünschten Nebenwirkungen haben
Benzodiazepine?
Was ist eine paradoxe Wirkung?
Was sind Hypnotika?
Was sind Phasenprophylaktika?
Was ist Lithium?
Was sind Carbamazepin und Valproinsäure?
Machen Phasenprophylaktika abhängig?
Was sind Psychopharmaka?
Psychopharmaka sind Substanzen, die auf Gehirnfunktionen einwirken und
so seelische Abläufe beeinflussen. Wörtlich aus dem griechischen
übersetzt sind sie Heilmittel (Pharmakon) für die Seele (Psyche).
Psychopharmaka können folgendermaßen eingeteilt
werden:
1. Neuroleptika
2. Antidepressiva
3. Tranquilizer
4. Hypnotika
5. Phasenprophylaktika
Im engeren Sinne werden nur Neuroleptika, Antidepressiva und
Tranquilizer als Psychopharmaka bezeichnet.
Wie wirken Psychopharmaka?
Psychopharmaka beeinflussen die Übertragung von elektrischen Impulsen
zwischen Nervenzellen an den sogenannten Synapsen. Synapsen sind
Kontaktstellen zwischen Nervenzellen, an denen die
Informationsübertragung stattfindet. Sie enthalten kleine Bläschen, in
denen sich bestimmte Botenstoffe, sogenannte Transmitter, befinden.
Durch elektrische Impulse werden diese Transmitter in einen Spalt
zwischen zwei Synapsen freigesetzt, sie gelangen dann an die Wand der
nächsten Synapse und lösen dort ihrerseits eine Reaktion aus.
Elektrische Impulse werden also in chemische Signale umgewandelt und
umgekehrt.
Was sind Neuroleptika?
Neuroleptika sind Substanzen, die in der Behandlung von Psychosen
eingesetzt werden. Durch Beeinflussung bestimmter Transmitter des
Hirnstoffwechsels entfalten sie antipsychotische und sedierende
Wirkungen, das heißt sie vermindern Wahndenken und Sinnestäuschungen,
Aggressionen und Erregtheit. Sie sollen ordnend auf Denken und
Wahrnehmung wirken.
Neuroleptika können nach ihrer chemischen Struktur oder nach ihren
Wirkungen eingeteilt werden. Einige Substanzen wirken stärker gegen
Symptome der Psychose und weniger gut beruhigend. Diese Substanzen
werden als hochpotente Neuroleptika bezeichnet.
Andere Substanzen wirken stärker beruhigend, aber weniger gut gegen
psychotische Symptome. Sie werden niederpotente Neuroleptika genannt.
Häufig werden Medikamente aus beiden Gruppen kombiniert, um sowohl
Wahnsymptome als auch Erregungszustände zu behandeln.
Neuroleptika werden auch als Antipsychotika bezeichnet.
Was sind Depot-Neuroleptika?
Depot-Neuroleptika sind besondere Zubereitungen meist hochpotenter
Neuroleptika, die in den Gesäßmuskel gespritzt werden und dort über
einen Zeitraum von einer bis vier Wochen ihre wirksamen Bestandteile in
die Blutbahn abgeben. Wegen der Umgehung des Verdauungstraktes ist die
Gesamtdosis im Vergleich zur gleich wirksamen Menge in Tablettenform
geringer, wodurch Nebenwirkungen ebenfalls reduziert werden. Außerdem
müssen die Patienten nicht täglich an die Einnahme von Tabletten
denken. Depotpräparate werden deshalb auch bei nicht zuverlässigen
Patienten verabreicht.
Was sind atypische Neuroleptika?
”Atypische” Neuroleptika unterscheiden sich von den “typischen” in
ihrer chemischen Struktur und ihrem Wirkprofil. Es sind neben dem seit
1972 eingesetzten Stoff Clozapin vor allem moderne Neuroleptika, die
erst seit einigen Jahren auf dem Markt sind. Diese rufen bei guter
antipsychotischer Wirksamkeit seltener die unangenehmen
extrapyramidal-motorischen Nebenwirkungen hervor als die älteren,
“typischen” Neuroleptika. Außerdem werden die intellektuellen
Fähigkeiten weniger stark beeinträchtigt. Diese Präparate sollen auch
die sogenannten Minussymptome günstig beeinflussen.
Welche unerwünschten Nebenwirkungen haben
Neuroleptika?
Neuroleptika müssen über einen längeren Zeitraum eingenommen werden.
Wegen der unvermeidlichen unerwünschten Wirkungen brechen aber viele
Patienten die Therapie ab, wonach es nach einer kurzen Phase der
subjektiven Erleichterung meist rasch wieder zu einem akuten
psychotischen Schub kommt. Deshalb ist es wichtig, über Nebenwirkungen
mit dem behandelnden Arzt zu sprechen, um Gegenmaßnahmen einleiten zu
können, anstatt die Behandlung abzubrechen und dadurch die eigene
Gesundheit zu gefährden.
Bitte beachten Sie, dass hier nur die
wichtigsten
Nebenwirkungen
dargestellt werden können.
Müdigkeit und Antriebsschwäche sind in der akuten Krankheitsphase
bei
erregten Patienten oft erwünschte Wirkungen, die jedoch häufig als
unangenehm empfunden werden und gerade bei längerer Behandlungsdauer
störend sind. Eine Einschränkung der Konzentrationsfähigkeit, des
Denkvermögens und der Kreativität ist bei den "typischen" Neuroleptika
häufiger als bei den "atypischen" Präparaten. Sehstörungen,
Mundtrockenheit, Kreislaufschwäche und Darmträgheit sind weitere
häufige Nebenwirkungen der Neuroleptika. Ferner Gewichtszunahme und
Lichtempfindlichkeit mit erhöhter Sonnenbrandgefahr. Auch sexuelle
Funktionsstörungen treten auf. Depressive Verstimmungszustände werden
im Verlauf einer schizophrenen Psychose häufiger beobachtet. Sie können
auch durch hochpotente Neuroleptika verursacht sein und entwickeln sich
meist sechs bis acht Wochen nach Beginn der Medikamenteneinnahme.
Was sind extrapyramidal-motorische
Nebenwirkungen?
Hier sind diejenigen Nervenbahnen beeinträchtigt, die für die
Feinabstimmung von Bewegungen mitverantwortlich sind. Zittern der
Hände, Muskelsteifigkeit, Bewegungseinschränkungen, ein
kleinschrittiger Gang sind die Anzeichen dieser Nebenwirkungen, die
auch als Parkinsonoid bezeichnet werden, da sie den Symptomen der
Parkinsonschen Krankheit gleichen.
Als Akathisie wird ein eine besonders unangenehme Sitz- und
Bewegungsunruhe bezeichnet, bei welcher die Betroffenen gezwungen sind,
rastlos umherzulaufen und eine starke Beinunruhe verspüren.
Frühdyskinesien sind Muskelverkrampfungen, die zwischen dem ersten
und
dem fünften Behandlungstag auftreten. Vor allem die Muskulatur der
Zunge und des Schlundes ist betroffen.
Spätdyskinesien sind unwillkürliche Bewegungen von Muskeln im
Gesichtsbereich und seltener von Händen und Füßen. Meist sind
stereotype Zungen- und Lippenbewegungen zu sehen, Schmatzen, Kauen,
Vorschieben der Zunge. Diese Bewegungen werden von den Patienten oft
nicht wahrgenommen. Spätdyskinesien treten erst Monate bis Jahre nach
Behandlungsbeginn auf.
Extrapyramidal-motorische Nebenwirkungen treten bei Einnahme von
hochpotenten Neuroleptika auf. Die moderneren atypischen Präparate
sowie Clozapin haben diese Nebenwirkungen nicht oder in viel geringerem
Maß.
Machen Neuroleptika abhängig?
Neuroleptika machen nicht abhängig. Sie unterscheiden sich in ihrer
chemischen Struktur und Wirkungsweise deutlich von suchterzeugenden
Stoffen. Da sie das Denken und Fühlen eher normalisieren sollen und
keine rauschhaften Glücksgefühle erzeugen, fehlt eine wichtige
Voraussetzung für die Entwicklung einer Abhängigkeit.
Was sind Antidepressiva?
Antidepressiva sind wörtlich übersetzt gegen ("anti") Depressionen
wirkende Medikamente. Die Ursache bestimmter Depressionen ist ein
Mangel an bestimmten Botenstoffen des Hirnstoffwechsels. Antidepressiva
vermehren die Menge dieser Botenstoffe. Sie sollen stimmungsaufhellend,
angstlösend und beruhigend wirken. Bei Antriebsstörungen sollen sie
ausgleichend aktivierend oder dämpfend wirken. Die stimmungsaufhellende
Wirkung setzt in der Regel erst nach einigen Wochen ein. Deshalb ist es
wichtig, Antidepressiva über einen genügend langen Zeitraum (mindestens
vier Wochen) einzunehmen, bevor man wegen scheinbarer Wirkungslosigkeit
ein anderes Präparat versucht oder die Therapie ganz beendet.
Antidepressiva werden nach ihrer chemischen Struktur und ihrem
Wirkungsmechanismus eingeteilt. Die beiden wichtigsten Gruppen sind die
sogenannten trizyklischen Antidepressiva und die selektiven
Serotonin-Wiederaufnahme-Hemmstoffe (SSRI). Daneben gibt es noch
mehrere
andere Substanzgruppen.
Welche unerwünschten Nebenwirkungen haben
Antidepressiva?
Bitte beachten Sie, dass hier nur die
wichtigsten
Nebenwirkungen
dargestellt werden können.
Trizyklische Antidepressiva verursachen häufig Mundtrockenheit,
Schwitzen, Verstopfung, erschwertes Wasserlassen und Sehstörungen. Dazu
Zittern, Pulsbeschleunigung, Herz- Kreislaufprobleme. Außerdem
Gewichtszunahme, Verlust von sexuellem Verlangen und Potenz. Seltenere
schwere Nebenwirkungen sind Harnsperre und Darmverschluss,
Krampfanfälle,
Verwirrtheitszustände, schwere Herzrhythmusstörungen und
Blutbildschäden.
Selektive Serotonin-Wiederaufnahme-Hemmstoffe verursachen besonders
zu
Beginn der Behandlung Appetitlosigkeit, Übelkeit, Kopfschmerzen und
gelegentlich Erbrechen. Seltener Schlafstörungen, verstärkte Unruhe,
Angst- und Erregungszustände.
Machen Antidepressiva abhängig?
Antidepressiva machen nicht abhängig. Sie unterscheiden sich in ihrer
chemischen Struktur und Wirkungsweise
deutlich von suchterzeugenden Stoffen. Sie können also auch über einen
langen Zeitraum eingenommen werden, ohne daß sich eine Sucht
entwickelt.
Allerdings kann es bei raschem Absetzen zu Entzugssymptomen wie
Schwindel, Kopfschmerzen, Schlafstörungen und mit Stromschlägen
verglichenen Missempfindungen kommen, die sehr unangenehm sein und ein
bis zwei Wochen anhalten können. Hier ist insbesondere der
Serotoninwiederaufnahmehemmer Paroxetin zu nennen, aber auch Venlafaxin
und andere Antidepressiva können diese Entzugssymptome hervorrufen.
Was sind Tranquilizer?
Tranquilizer sind Substanzen, die angstlösend und beruhigend wirken.
Sie werden als Beruhigungsmittel bei Angst und Spannungszuständen
gegeben, als Schlafmittel, zur Operationsvorbereitung. Da sie außerdem
muskelentspannend und krampflösend wirken, werden sie z.B. auch bei
Tetanus und Epilepsie genutzt.
Was sind Benzodiazepine?
Benzodiazepine sind die wichtigste Stoffgruppe der Tranquilizer.
Bekanntestes Präparat ist wohl das Diazepam (Valium®).
Wie wirken Benzodiazepine?
Benzodiazepine wirken an spezifischen Eiweißstrukturen von Nervenzellen
(Benzodiazepinrezeptoren). Sie beeinflussen bestimmte
Transmittersysteme, wodurch die Erregbarkeit von Nervenzellen gemindert
wird. Deshalb wirken Benzodiazepine angstlösend, beruhigend,
Aggressivität hemmend und schlaffördernd.
Welche unerwünschten Nebenwirkungen haben
Benzodiazepine?
Bitte beachten Sie, dass hier nur die
wichtigsten
Nebenwirkungen
dargestellt werden können.
Verglichen mit anderen Psychopharmaka ist die Verträglichkeit von
Benzodiazepinen sehr gut. Sie haben jedoch einen gravierenden Nachteil,
der die Anwendung gerade bei chronischen seelischen Störungen
einschränkt. Sie machen sehr rasch körperlich und psychisch abhängig.
Beispielsweise sind nach Schätzungen ca. 12 Prozent aller Patienten mit
einer Angststörung benzodiazepinabhängig. Benzodiazepine sollten deshalb
nur vorübergehend in akuten Fällen gegeben werden.
Nach Einnahme höherer Dosen über einen längeren Zeitraum (ca. vier
Monate) kommt es bei plötzlichem Absetzen der Benzodiazepine zu
Entzugserscheinungen, die denen des Alkoholentzuges ähneln.
Weitere unerwünschte Wirkungen treten vor allem zu Behandlungsbeginn
und bei Überdosierung auf: Müdigkeit, Schwindel,
Konzentrationsschwäche, Gedächtnisstörungen, Muskelschwäche,
Atemstörungen, Sprachstörungen. Weitere Nebenwirkungen sind
Appetitzunahme, sexuelle Funktionsstörungen, Menstruationsstörungen.
Bei Langzeiteinnahme kommt es gelegentlich zu depressiven
Verstimmungen
und zu einem Wandel der Persönlichkeit mit Gleichgültigkeit und
Antriebsverlust.
Was ist eine paradoxe Wirkung?
Sehr selten wirken Benzodiazepine nicht beruhigend, sondern steigern
Aggressivität und Antrieb. Schlafstörungen, Euphorie, Enthemmung und
Angstzustände können die Folge sein.
Was sind Hypnotika?
Hypnotika sind Schlaf herbeiführende Mittel. Zu ihnen zählen die
Benzodiazepine, außerdem Alkohole (Chloralhydrat) und Barbiturate,
bromhaltige Mittel und andere Substanzen, z.B. rezeptfrei in der
Apotheke erhältliche Antihistaminika wie Diphenhydramin (Halbmond®) und
Doxylamin (Hoggar N®). Neuere Schlafmittel sind die sogenannten
Zyklopyrrolone Zolpidem und Zopiclon.
Was sind Phasenprophylaktika?
Phasenprophylaktika werden bei bestimmten seelischen Erkrankungen zur
Verhütung neuer Krankheitsschübe angewendet. Die wichtigsten Stoffe
sind Lithium, Carbamazepin sowie Valproinsäure.
Was ist Lithium?
Lithium ist ein Alkalimetall, das als Spurenelement im menschlichen
Körper vorkommt. Es soll depressiven und manischen Phasen vorbeugen.
Dazu muss eine bestimmte Konzentration im Blut vorhanden sein.
Andererseits bewirkt eine Überdosierung Vergiftungserscheinungen.
Deshalb muss der Lithiumspiegel regelmäßig kontrolliert werden.
Was sind Carbamazepin und Valproinsäure?
Carbamazepin und Valproinsäure sind Substanzen, die ursprünglich zur
Vorbeugung von epileptischen Anfällen gegeben wurden (Antiepileptika).
Sie wirken jedoch auch bei manischen und depressiven Erkrankungen
stimmungsausgleichend und vorbeugend gegen das Wiederauftreten von
akuten Krankheitsschüben. Dazu muss eine bestimmte Konzentration im
Blut
vorhanden sein. Wie auch bei Lithium bewirkt eine Überdosierung
bestimmte Vergiftungserscheinungen. Deshalb muss die Konzentration im
Blut regelmäßig kontrolliert werden. Inzwischen werden weitere ähnliche
Präparate wie Gabapentin, Lamotrigin oder Oxcarbazepin und andere mehr
eingesetzt.
Machen Phasenprophylaktika abhängig?
Weder Lithium noch die Antiepileptika machen körperlich oder psychisch
abhängig.
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